Berlin, 17.11.2020 | Die 19 in der Allianz der Freien Künste organisierten Bundesverbände begrüßen, dass die Bundesregierung nach monatelangem Zögern Maßnahmen beschlossen hat, die sich speziell an die Gruppe der Soloselbstständigen richten. Soloselbstständige haben nun erstmalig die Möglichkeit, eine pauschale Wirtschaftshilfe des Bundes für den Zeitraum von sieben Monaten als Zuschuss in Anspruch zu nehmen.
Entgegen der öffentlichkeitswirksamen Darstellung verschiedener Bundesminister sind die in Aussicht gestellten Hilfen kein Ersatz für den Unternehmer*innenlohn – so wie ihn die Fachminister*innen der Länder, der Kulturausschuss des Bundesrates, der Deutsche Kulturrat als Spitzenverband der Kulturverbände, die Allianz der Freien Künste, eine überwältigende Zahl von Fachverbänden aller Branchen und nicht zuletzt auch die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien unisono für die von der Pandemie betroffenen Soloselbstständigen fordern.
Angesichts der prekären Einkommenssituation der Betroffenen ist die beschlossene Pauschale in Höhe von 25 Prozent des durchschnittlichen monatlichen Umsatzes viel zu niedrig und führt in den Künsten zu Mini-Zuschüssen. Bei der Mehrheit der Künstler*innen und Kunstschaffenden übersteigt der Jahresumsatz selten die Grenze von 20.000 Euro. Oft liegt er deutlich darunter. Nimmt man diesen Wert als Grundlage, errechnet sich ein monatlicher Zuschuss von um die 400 Euro. Damit lässt sich die Notsituation der soloselbstständigen Kunstschaffenden nicht verbessern.
Die angekündigten Maßnahmen basieren nach wie vor auf der zu Recht kritisierten Logik, die Betriebskosten über Wirtschaftshilfen und die Lebenshaltungskosten über die sogenannte vereinfachte Grundsicherung zu kompensieren. Hier braucht es endlich einen Systemwechsel hin zu einem fiktiven Unternehmer*innenlohn im Rahmen der Corona-Hilfen des Bundes.
Die Idee, soloselbstständige Kunstschaffende mit einem monatlichen Pauschalbetrag zu unterstützen, kann nur dann funktionieren, wenn ein solcher Pauschalbetrag imstande ist, die wirtschaftliche Existenz der Soloselbstständigen zu sichern.
Die fehlende Einbeziehung der Expertise von Fachverbänden führt offensichtlich einmal mehr dazu, dass die als Hilfen konzipierten Instrumente des Bundes an der Arbeitsrealität in den Freien Künsten vorbeigehen! Die Allianz der Freien Künste fordert umgehende, ernstzunehmende Nachbesserungen bei den angekündigten Hilfen.
Die Allianz der Freien Künste fordert:
- die Erhöhung des in Aussicht gestellten Pauschalbetrages auf monatlich mindestens 1.180 Euro
- eine Verlängerung der Novemberhilfen bis zum 31. Dezember 2020, denn in Branchen mit langen Planungsvorläufen ist der Monat Dezember bereits jetzt verloren
- die Sicherstellung, dass bei den Novemberhilfen alle selbstständigen Kunstschaffenden zur Gruppe der direkt Betroffenen gezählt werden
- eine radikale Vereinfachung der Grundsicherung für die Dauer der Pandemie (Wegfall der Bedarfsgemeinschaft, Wegfall der Vermögensprüfung, Wegfall des Bewerbungszwanges, Wegfall des Mobilitäts-Verbotes etc.)
- eine kurzfristige Aufstockung von bereits jetzt stark überzeichneten Förderprogrammen der BKM im Rahmen von NEUSTART KULTUR (Kultur-Milliarde)
- eine ernstzunehmende Einbeziehung der Branchen- und Fachverbände auf Bundesebene bei der Ausgestaltung von Hilfs- und Fördermaßnahmen
- einen überparteilichen, die Fachverbände einbeziehenden Runden Tisch Kunst und Kultur in der ersten Jahreshälfte 2021